Lehmann, Rainer - Wem gehört die Paulskirche?

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Die Revolution von 1848 war ein europäisches Ereignis. Mit der Paulskirche stand in Frankfurt... mehr
"Lehmann, Rainer - Wem gehört die Paulskirche?"

Die Revolution von 1848 war ein europäisches Ereignis.
Mit der Paulskirche stand in Frankfurt ein Holzpferd auf einsamer Flur, während die dazugehörigen Karussells sich in Wien und Berlin drehten.

Auch für Zeitgenossen wenig überraschend einigte sich die Honoratioren-Versammlung im protestantischen Gotteshaus auf das von London inspirierte Modell einer konstitutionellen Monarchie.

Den von der Vorstellung einer Volkssouveränität getragenen bürger-lichen Revolutionen in Amerika und Frankreich trat man mit einer spießbürgerlichen Melange aus Angst und Verachtung entgegen.

In der Urkunde zur Grundsteinlegung anlässlich des Wiederaufbaus im März 1947 heißt es: „Heute beginnen wir mit dem Wiederaufbau der Paulskirche. Sie wurde zerstört, weil wir die sittlichen Gesetze missachteten.“ In der Folge wurde das behutsam wiederhergestellte Baudenkmal zum Zeichen eines bewussten Umgangs mit den Folgen des Kulturbruchs der Nazi-Barbarei. Dies vergessen zu machen, wa-ren die Vertreter eines „Rückbaus“ allzeit bemüht.

Hinter dem eleganten Homburger der Rekonstruktion lugen auch hier wieder die Eselsohren der Restauration hervor. Die aktuell weitgehend ebenso ahistorische wie provinzielle Debatte um das architektonisch missratene Kirchlein weckt dann doch die Erinnerung an den Soziologen Max Weber. Der hatte bereits in vertrautem Kreis immer mal wieder darauf hingewiesen, es sei „das nationale Unglück Deutschlands, daß man noch nie einen Hohenzollern geköpft hat.“

Im Vergleich dazu, hat die Tatsache, dass die vielbesungene „Pauls-kirchenverfassung“ (aufgrund unaufschiebbarer Bauarbeiten) eben gerade nicht dort, sondern in der benachbarten Deutschreformierten Kirche am Kornmarkt verabschiedet wurde, nur anekdotischen Charakter.

Rainer Lehmann
Jahrgang 1952, studierte Erziehungswissenschaften und Philosophie in Frankfurt/M, arbeitete als Sozialwissenschaftler in der Bildungsforschung, Gutachter, Wissen-schaftsjournalist und Dozent. Zwischen 1989 und 1999 verfolgte er als Consulting-Manager den Niedergang des „realexistierenden Sozialismus“ in Ost-Europa. Danach wurde er Geschäftsführer der „Lobby für Wohnsitzlose und Arme“ in Frankfurt/M. Dort lebt, liest, schreibt, raucht, trinkt und philosophiert er noch heute als Sozialrentner.

Dominike Pauli
Jahrgang 1958, studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt/M, verzichtete auf den universitären Abschluss, wurde in der Marktforschung und als selbstständige Einzelhändlerin tätig.

Bis 1992 war sie Mitglied in der CDU. Seit April 2011 amtiert sie als Fraktionsvorsitzende für „Die Linke“ im Frankfurter Römer.

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